Ein jüdischer Antifaschist in den Reihen der Résistance

12. Mai 2019

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Peter Gingold als Zeitzeuge zu Lebzeiten.

Der 8. Mai 1945 markiert das Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa, für die meisten Europäer ist der Tag der Befreiung ein Tag zum Feiern. Aus Anlass des 8. Mai 2019 haben wir Alice, die Tochter des deutschen Résistance-Kämpfers Peter Gingold nach Gelsenkirchen eingeladen, damit sie uns aus dem bewegten Leben ihrer Familie erzählt. Am Freitag, dem 17. Mai 2019 wird sie im Freiraumprojekt Subversiv an der Bochumer Straße 138 ab 19 Uhr zu Gast sein.

Alice wurde Anfang Juni 1940 in Paris in eine jüdische Familie hineingeboren, als die Deutsche Wehrmacht bereits kurz vor der französischen Hauptstadt stand. Ihr Vater, Peter Gingold, war 17-jährig mit seinen Eltern und Geschwistern 1933 von Frankfurt am Main nach Paris emigriert. Er hatte sich bereits vor 1933 in Deutschland gegen den aufkommenden Faschismus engagiert. In Paris lernte er in einer Gruppe junger deutscher Antifaschistinnen und Antifaschisten seine spätere Frau Etti Stein-Haller kennen.

Nach der Besetzung Frankreichs durch Nazi-Deutschland 1940 schloß sich Peter der Résistance an und lebte im Untergrund. Als 1942 die Deportationen jüdischer Menschen begannen, brachten Etti und ihre Familie Alice und andere Kinder unter falschen Namen bei einer Bauersfamilie unter. Ende 1942 wurde Peter von der Gestapo verhaftet, doch gelang ihm eine unglaubliche Flucht. Nach 1945 kehrte das Ehepaar in das zerstörte Frankfurt am Main zurück.

1956 entdeckte ein Beamter, dass sie nach ihrer Rückkehr aus der Emigration zu Unrecht deutsche Pässe erhalten hatten, die Eltern waren polnische Juden gewesen. Erst nach vielen Protesten wurde ihnen die deutsche Staatsbürgerschaft zugesprochen.

Peter Gingold engagierte sich bis zu seinem Tod als Zeitzeuge, diese Aufgabe haben inzwischen die beiden Töchter Alice und Silvia übernommen, die als „Kinder des Widerstandes“ in Lesungen und Gesprächen auf die veröffentlichten Erinnerungen ihres Vaters zurückgreifen. Der Titel des Buches über ihren Vater „Paris – Boulevard St. Martin No. 11“ nennt die Adresse, bei der Peter Gingold in Paris die unglaubliche Flucht aus den Fängen der Gestapo gelang. Doch davon erzählt uns Alice am besten selbst.

Es handelt sich um eine gemeinsame Veranstaltung der Schalker Faninitiative e.V., des Freiraumprojektes Subversiv und der Gelsenkirchener VVN-BdA im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Aktionswochen für ein friedliches, demokratisches und weltoffenes Europa“ des Gelsenkirchener Aktionsbündnisses gegen Rassismus und Ausgrenzung. Unter dem Namen „Kinder des Widerstandes“ fanden sich Kinder und Enkel von Verfolgten des Naziregimes zusammen und führen die Arbeit ihrer Eltern oder Großeltern in einer besonderen Art der Zeitzeugenarbeit fort.